OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.08.2013, Aktenzeichen: I-20 U 75/13

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 8. März 2024

OLG Düsseldorf,

Urteil vom 13.05.2013

Az: I-20 U 75/13

Leitsatz:

1. Die Informationspflichten nach § 5 TMG dienen dem Verbraucherschutz sowie der Transparenz von geschäftsmäßig erbrachten Telediensten; sie stellen Marktverhaltensregeln im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar. Auch Nutzer von "Social Media"-Diensten wie Facebook-Accounts müssen eine eigene Anbieterkennung vorhalten, wenn diese Accounts zu Marketingzwecken benutzt werden und nicht nur eine rein private Nutzung vorliegt.

2. Die Verlinkung einer Anbieterkennzeichnung nach § 5 TMG unter dem Button "Info" einer gewerbsmäßig betriebenen Facebook-Seite ist unzureichend. Die Bezeichnung "Info" verdeutlich dem durchschnittlichen Nutzer nicht ausreichend, dass hierüber - auch - Anbieterinformationen abgerufen werden können.

3. Zweck der Informationspflichten über Identität, Anschrift, Vertretungsberechtigten und Handelregistereintrag nach § 5 TMG ist es, dass der Unternehmer den Verbraucher klar und unmissverständlich darauf hinweist, mit wem er in geschäftlichen Kontakt tritt. Die erforderlichen Informationen müssen deshalb unter anderem leicht erkennbar sein. Hierzu zählt, dass der Anbieter für weiterführende - zu diesen Informationen führende - Links Bezeichnungen wählt, die verständlich sind und sich dem Nutzer ohne Weiteres erschließen. Diesen Anforderungen genügen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Begriff "Kontakt" und "Impressum", da dem durchschnittlich informierten Nutzer des Internet mittlerweile bekannt sei, dass mit den Begriffen "Kontakt" und "Impressum" Links bezeichnet würden, über die der Nutzer einer Internetseite mit den Angaben zur Anbieterkennzeichnung gelangen. Gleiches gilt nicht für die Bezeichnung "Info" auf einer Facebook-Seite. Der Informationsgehalt der Bezeichnung "Info" bleibt deutlich hinter dem des Begriffs "Kontakt" zurück. Während der Begriff "Kontakt" dem Nutzer vermittelt, dass über einen so bezeichneten Link Informationen erlangt werden können, wie mit wem Kontakt aufgenommen werden kann (eingeschlossen der Informationen über Identität, Anschrift etc.), ist die Palette der mit dem Begriff "Info" bezeichneten und zu erwartenden Informationen groß.

Gründe:

I.

Beide Parteien betreiben Schlüsseldienstunternehmen und bieten ihre Leistungen bundesweit im Internet an. Der Antragsgegner unterhält zur Firmenpräsenz die Internetseite www.h.de. Sein Auftritt bei Facebook erfolgt unter der Firmierung „Schlüsseldienst R.“. Er enthält kein unmittelbares Impressum, sondern nur auf der Unterseite „Info“ einen Link zur genannten Internetseite, die ihrerseits ein Impressum enthält und auf der die Haftung für jedwede andere Webseite ausdrücklich ausgeschlossen wird.

Der Antragsteller vertritt die Auffassung, dies genüge nicht, und begehrt mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom Antragsgegner, es zu unterlassen, in seinem Auftritt auf der Webseite von Facebook die nach § 5 TMG erforderlichen Pflichtangaben nicht leicht erkennbar und/oder nicht unmittelbar erreichbar zur Verfügung zu halten.

Der Antragsgegner hält die Verlinkung für ausreichend.

Das Landgericht hat das Begehren des Antragstellers mit der Begründung abgewiesen, der Antrag sei zu unbestimmt.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der Berufung und macht geltend, die Wiedergabe des Gesetzeswortlauts reiche im Streitfall zur Konkretisierung des Begehrens aus. Er behauptet zudem, es bedürfe dreier Klicks, um von der Ursprungsseite auf das Impressum der Internetseite des Antragsgegners zu gelangen.

Der Antragsteller beantragt,

den Antragsgegner unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Unternehmensauftritte oder Unternehmensprofile im Internet auf so genannten Social Media Plattformen oder Werbeportalen wie Facebook und anderen, auf denen Internetauftritte unter exklusiven Unterseiten veröffentlicht werden können, zu unterhalten oder unterhalten zu lassen und hierbei die nach § 5 Telemediengesetz erforderlichen Pflichtangaben, nämlich Vorname, Name, Ort, Postleitzahl, Straße mit zutreffender Hausnummer (ladungsfähige Adresse) nicht leicht erkennbar und/oder unmittelbar erreichbar zur Verfügung zu stellen, nämlich nur über den Unterpunkt „Info“ auf den Button „Kontakt“ zu verweisen, über den dann die Internetseite des Antragsgegners erreicht wird, auf der durch das Anklicken des Buttons „Impressum“ dieses nach drei Klicken erreichbar ist.

Der Antragsgegner beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend und behauptet, das Impressum auf seiner Hauptseite sei durch einen Klick von der Facebook-Präsenz unmittelbar erreichbar.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache überwiegend Erfolg.

Der Antrag ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet.

Er ist ausreichend bestimmt. Zwar gilt grundsätzlich, dass die Wiederholung des Wortlauts eines gesetzlichen Verbotstatbestandes nicht für die Bestimmtheit des Unterlassungsantrags ausreicht, da das Gesetz nur eine abstrakte Regelung aufstellt und daher eine unübersehbare Vielzahl von Fällen erfassen kann (vgl. BGH GRUR 2011, 936 Rdnr. 17 – Double-opt-in-Verfahren). Eine Ausnahme wird jedoch unter anderem dann zugelassen, wenn der Anwendungsbereich einer Norm durch eine gefestigte Auslegung geklärt ist und eine weitere Konkretisierung im Rahmen des Unterlassungsantrags nicht möglich ist (vgl. BGH GRUR 2009, 977 Rdnr. 22, 27 – Brillenversorgung I; GRUR 2001, 345 Rdnr. 18 – 21 – Hörgeräteversorgung II). Letzteres ist vorliegend der Fall. Auslegungsbedürftig sind die Begriffe „nicht leicht erkennbar und/oder nicht unmittelbar erreichbar“. Insofern ist durch die Rechtsprechung geklärt, dass sich die Angaben nicht auf derselben Seite befinden müssen, sondern es auch ausreicht, wenn der Anbieter weiterführende Links nutzt und diese so bezeichnet, dass sie verständlich sind und sich dem Nutzer ohne weiteres erschließen (vgl. BGH GRUR 2007, 159 Rdnr. 19 – Anbieterkennzeichnung im Internet). Das eröffnet dem Nutzer diverse Möglichkeiten, dem Gebot des § 5 TMG zu genügen. Eine weitere Konkretisierung der Vorgaben „Erkennbarkeit und Erreichbarkeit“ ist dem Antragsteller bei dieser Sachlage nicht möglich. Zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes ist die verbleibende Auslegungsbedürftigkeit der Antragsformulierung daher hinzunehmen (vgl. BGH GRUR 2005, 604 (605) – Fördermittelberatung).

Der Antrag ist auch wie in der Formel gefasst begründet.

Der entsprechende Verfügungsanspruch ergibt sich aus § 8 Abs. 1, 3 Nr. 1, § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 5 TMG. Der Antragsgegner handelt unlauter, da er bei seinem Facebook-Auftritt die Pflichtangaben nach § 5 TMG nicht leicht erkennbar und unmittelbar erreichbar zur Verfügung stellt. Die Informationspflichten des § 5 TMG dienen dem Verbraucherschutz sowie der Transparenz von geschäftsmäßig erbrachten Telediensten und stellen daher Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar (vgl. statt vieler: Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 4 Rdnr. 11.169 m.w.N.). Auch Nutzer von „Social Media“ wie Facebook-Accounts müssen eine eigene Anbieterkennung vorhalten, wenn diese Accounts zur Marketingzwecken benutzt werden und nicht nur eine rein private Nutzung vorliegt (vgl. Urteil des Senats vom 18.12.2007 – I-20 U 17/07 – MMR 2008, 682). Vorliegend ist unstreitig, dass der Facebook-Auftritt des Antragsgegners gewerbsmäßig erfolgt und eine Anbieterkennung allenfalls über die unter dem Button „Info“ enthaltene Verlinkung zum Internetauftritt enthält. Das ist unzureichend, da die Bezeichnung „Info“ dem durchschnittlichen Nutzer nicht ausreichend verdeutlicht, dass hierüber – auch – Anbieterinformationen abgerufen werden können. Zweck der Informationspflichten über Identität, Anschrift, Vertretungsberechtigten und Handelsregistereintragung ist es, dass der Unternehmer den Verbraucher klar und unmissverständlich darauf hinweist, mit wem er in geschäftlichen Kontakt tritt. Die erforderlichen Informationen müssen deshalb unter anderem leicht erkennbar sein. Befinden sich die erforderlichen Angaben nicht auf der Startseite, gehört hierzu, dass der Anbieter für weiterführende Links Bezeichnungen wählt, die verständlich sind und sich dem Nutzer ohne Weiteres erschließen. Diesen Anforderungen genügen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Begriffe „Kontakt“ und „Impressum“, da – so die Begründung – dem durchschnittlich informierten Nutzer des Internets mittlerweile bekannt sei, dass mit den Begriffen „Kontakt“ und „Impressum“ Links bezeichnet würden, über die der Nutzer zu einer Internetseite mit den Angaben zur Anbieterkennzeichung gelange (BGH NJW 2006, 3633 (3634 f)). Gleiches gilt nicht für die Bezeichnung „Info“. Ihr entsprechender Informationsgehalt bleibt deutlich hinter dem des Begriffs „Kontakt“ zurück. „Kontakt“ vermittelt dem Nutzer, dass über den so bezeichneten Link Informationen erlangt werden können, wie mit wem Kontakt aufgenommen werden kann. Die Informationen „wie mit wem“ enthalten in der Regel die Angaben zur Identität, Anschrift, evtl. Vertretungsberechtigung und evtl. Handelsregistereintragung. Anders verhält es sich mit „Info“ als Abkürzung für „Informationen“. Die Palette der auf einem Facebook-Auftritt erwartbaren Informationen ist groß. Dementsprechend muss der Besucher der Facebook-Seite des Antragsgegners nach Anklicken des Buttons „Info“ dort noch den Button „Kontakt“ anklicken, bevor er zur Internetseite weitergeleitet wird. Das ist unstreitig. Streitig ist lediglich, ob er nach dem Anklicken des Buttons „Kontakt“ unmittelbar zum Impressum der Internetseite gelangt oder auf der Internetseite noch den Button „Impressum“ anklicken muss.

Auf das weitere Merkmal, das der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat in den Antrag eingeführt hat, dass es nämlich der von ihm angegebenen Anzahl von Klicken bedarf, um von der Facebook-Seite des Antragsgegners zum Impressum auf dessen Internetseite zu gelangen, kommt es danach nicht mehr an. Das Merkmal, auf das es nicht mehr ankommt, kann – jedenfalls in einem Verfügungsverfahren – ohne Weiteres weggelassen werden. Denn der Antragsteller macht ersichtlich die Gründe, warum die konkret angegriffene Handlung unzulässig sein soll, gestaffelt geltend.

Angemerkt sei lediglich, dass der Bundesgerichtshof in dem genannten Urteil ebenfalls festgestellt hat, eine unmittelbare Erreichbarkeit der Informationen scheitere nicht daran, dass der Nutzer nicht schon in einem Schritt, sondern erst in zwei Schritten zu den benötigten Informationen gelangt, da die Erreichbarkeit einer Internetseite über zwei Links regelmäßig kein langes Suchen erfordere. Ob die Notwendigkeit eines dritten Schritts dazu führen würde, dass bereits von einer „langen Suche“ auszugehen wäre, erscheint fraglich, kann vorliegend, wie dargestellt, aber dahinstehen.

Auf das monierte, aber nicht im Antrag erscheinende Merkmal, dass der Internetauftritt des Antragsgegners unter einem anderen Firmennamen erfolgt als sein Facebook-Auftritt und im Internetauftritt unstreitig nicht klargestellt ist, dass sich das Impressum des Internetauftritts auch auf den andersnamigen Facebook-Account bezieht, was sicher der geforderten leichten Erkennbarkeit und unmittelbaren Erreichbarkeit entgegensteht, ist erst recht nicht mehr abzustellen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist entbehrlich, da dieses Urteil kraft Gesetzes nicht revisibel ist (§ 542 Abs. 2 ZPO).

Streitwert für die Berufungsinstanz: 15.000,- € (entsprechend der erstinstanzlichen, von keiner Partei angegriffenen Festsetzung)

 

Quelle: MIR 2013, Dok. 082

 

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